Unternehmen stehen laufend in der Herausforderung, finanzielle Mittel für laufende Betriebskosten und Investitionen aufzubringen. Zur Kapitalbeschaffung bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten, zu denen die Selbstfinanzierung gehört.
Die Selbstfinanzierung ist eine Form der Finanzierung, die zu den übergeordneten Finanzierungsarten Innenfinanzierung und Eigenfinanzierung zählt. Um Eigenkapital zu erhöhen oder über die Selbstfinanzierung zu generieren, behält ein Unternehmen Teile seiner Gewinne ein, anstatt sie an Gesellschafter oder andere Anteilseigner auszuschütten. Die Einbehaltung von Teilen der Gewinne aus einer Geschäftsperiode stellt Kapital zur Deckung betrieblicher Kosten und für Investitionen bereit, die das wirtschaftliche Handeln des Betriebs in einer kommenden Wirtschaftsperiode ermöglichen. Die Selbstfinanzierung wird insbesondere eingesetzt, wenn Unternehmen keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten der Selbstfinanzierung:
Bei der offenen Selbstfinanzierung, die auch als Gewinnthesaurierung bezeichnet wird, bildet ein Unternehmen sogenannte offene Rücklagen. Der griechische Begriff „thesauros“ bedeutet „Schatzhaus“. Die Gewinne des Unternehmens werden demnach nicht ausgegeben, sondern sie verbleiben im Unternehmen, dem sie fortan als Rücklage zur Verfügung stehen. Um eine Gewinnthesaurierung durchzuführen, vereinbaren die Gesellschafter, Anteilseigner oder Geschäftsführer einen Beschluss zur Gewinnverwendung bzw. Gewinnausschüttung.
Die offene Selbstfinanzierung ist im Handelsgesetzbuch § 266 Abs. 3 HGB, § 268 Abs 8 HGB und im Aktiengesetz § 150 AktG gesetzlich geregelt. § 266 Abs. 3 HGB gibt vor, wo die Gewinnrücklagen in der Bilanz darzustellen sind, während § 268 Abs 8 HGB die Gewinnausschüttung in Zusammenhang mit ihrer Bilanzierung regelt. Kapitalgesellschaften, wie zum Beispiel Aktiengesellschaften, stellen ihre offene Selbstfinanzierung im Bilanzposten mit der Bezeichnung „Gewinnrücklagen“ dar, um den kumulierten Gewinn, der sich aus mehrmaligen Gewinnthesaurierungen ergibt, erkenntlich zu machen und für Investitionen bereit zu stellen. Die Gewinnthesaurierung durch Personengesellschaften, wie zum Beispiel GmbH oder OHG führt zu einer Erhöhung der Kapitalkonten der Gesellschafter. Auch bei Einzelunternehmen erhöht die offene Selbstfinanzierung das Kapitalkonto des Inhabers.
Gewinnsenkung
Da die offene Selbstfinanzierung Gewinnausschüttungen einbehält, sinkt die Liquidität der Gesellschafter oder Anteilseigner, da ihnen Gewinne vorenthalten werden. Dem Nachteil steht jedoch gegenüber, dass in den Folgejahren höhere Gewinnausschüttungen zu erwarten sind, da die Erhöhung des Eigenkapitals mit Verbesserung der Investitionskraft zu höherer Produktivität und somit zu Unternehmenswachstum führen soll.
Die stille Selbstfinanzierung behält Gewinne ein, die nicht ausgewiesen sind. Mit der verdeckten Selbstfinanzierung bilden Unternehmen sogenannte stille Reserven. Dabei werden Vermögenswerte des Unternehmens finanziell unterbewertet oder aber auch Verbindlichkeiten finanziell überbewertet. Stille Reserven sind nicht immer im Vorfeld genau kalkulierbar und können sich automatisch aufgrund von Preisentwicklungen und anderen Faktoren über lange Zeiträume hinweg innerhalb des Unternehmens bilden. Dennoch können stille Reserven durch die Unternehmensführung bewusst gesteuert und als Finanzierungsinstrument genutzt werden.
Entwickelt ein Unternehmen zum Beispiel ein Patent, kann es diesen immateriellen Vermögenswert in seiner Bilanz als Vermögen aktivieren oder aber die Aktivierung auch unterlassen. Diese Wahlmöglichkeit gewährt das Handelsgesetzbuch mit § 248 Abs 2 HGB für bestimmte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, wie für:
Stille Reserven können aber auch zum Beispiel durch eine positive Preisentwicklung von materiellen Vermögensgegenständen, wie Immobilien entstehen.
Stellt ein Unternehmen Kapital für Andere zurück, zum Beispiel für die Mitarbeiter in Form von Pensionsrückstellungen oder bildet es Gewährleistungsrückstellungen für den Fall von Ansprüchen aus Gewährleistungen, hat es Rücklagen gebildet, deren Höhe nicht exakt kalkulierbar war. Waren die Rückstellungen zu hoch angesetzt, wurde dabei eine stille Reserve gebildet, durch die bei der Auflösung der Rücklage Kapital frei wird.
Der Selbstfinanzierungsgrad ist eine Kennzahl zur Bestimmung der Investitionskapazität. Je höher der Selbstfinanzierungsgrad angegeben werden kann, umso mehr Kapital ist zum Beispiel für eine Investition verfügbar und umso geringer ist der Bedarf an Fremdkapital. Die Gewinnrücklagen aus der Gewinnthesaurierung werden zum Eigenkapital mit Stammkapital und Jahresüberschuss in ein Verhältnis gesetzt, um den Selbstfinanzierungsgrad zu ermitteln. Je höher die Gewinnrücklagen im Verhältnis zum Eigenkapital sind, umso höher ist der Selbstfinanzierungsgrad. Der Selbstfinanzierungsgrad wird ermittelt durch folgende Formel:
Selbstfinanzierungsgrad = Gewinnrücklagen / Eigenkapital
Die Selbstfinanzierung ist lediglich eine untergeordnete Form der Eigen- und Innenfinanzierung und von diesen zu unterscheiden. Die Begriffe Eigenfinanzierung und Innenfinanzierung bezeichnen übergeordnete Merkmale der Finanzierung.
Der Begriff Eigenfinanzierung bezeichnet den Gegensatz zur Fremdfinanzierung. Während die Fremdfinanzierung Kapital durch Kreditaufnahme beschafft, bezeichnet die Eigenfinanzierung die Aktivierung von Eigenkapital durch ein Unternehmen, wobei die Mittel aus dem Unternehmen selbst oder aber von außen kommen können. Abhängig von der Art der Kapitalbeschaffung geht die Eigenfinanzierung mit unterschiedlichen Bedingungen einher. So können Geldgeber ein Mitspracherecht am Unternehmen beanspruchen oder bestimmte Haftungsbedingungen vorgegeben sein.
Möglichkeiten der Eigenfinanzierung
Die Eigenfinanzierung umfasst unterschiedliche Finanzierungsarten, zu denen die Außenfinanzierung und die Innenfinanzierung gehören. Zu den Mitteln der Eigenfinanzierung gehören die Beteiligungsfinanzierung, die ein Instrument der Außenfinanzierung ist. Ein weiteres Mittel der Eigenfinanzierung ist die Selbstfinanzierung, die ein Instrument der Innenfinanzierung ist.
Für die Eigenfinanzierung stehen verschiedene Möglichkeiten bereit:
Die Innenfinanzierung steht im Gegensatz zur Außenfinanzierung. Sie ist eine Form der Kapitalbeschaffung, die die Herkunft des Kapitals kennzeichnet. Die Finanzmittel stammen bei der Innenfinanzierung nicht von externen Geldgebern, sondern sie kommen aus dem Unternehmen, zum Beispiel durch wirtschaftliche Aktivitäten des Betriebs selbst. Ein wichtigstes Instrument der Innenfinanzierung ist die Eigenfinanzierung durch den Gewinn, den das Unternehmen bei erfolgreicher Wirtschaftlichkeit für die Finanzierung von Investitionen einsetzen kann. Die Innenfinanzierung kann aber auch auf eine Fremdfinanzierung zugreifen, zum Beispiel auf Rückstellungen. Die Innenfinanzierung beschafft mit Vermögenszuwachs und Vermögensumschichtung durch zwei zentrale Bereiche das benötigte Kapital:
Vermögenszuwachs durch:
Vermögensumschichtung durch: