Scheinselbstständigkeit vermeiden? So gehts!

14. Februar 2022

Prozesse

Inhaltsübersicht

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      Ein leidiges Thema

      Die Scheinselbstständigkeit ist für viele Selbstständige und ihre Auftraggeber ein leidiges Thema.  Der Grund dafür ist vor allem, dass in Deutschland keine harten Kriterien für Scheinselbstständigkeit bestehen. Ein neuer Gesetzentwurf „gegen Missbrauch von Werkverträgen“ versucht das nun zu ändern. Betriebsräte sollen hierdurch gestärkt, gute Arbeitsplätze geschaffen und ausbeuterische Arbeit unterbunden werden.

       

      In dem Entwurf sind viele Formulierungen bezüglich der Zusammenarbeit von Freelancern mit Unternehmen enthalten. Aus diesem Grund sollten besonders Start-ups immer genau prüfen, ob bei ihren Freiberuflern das Risiko einer Scheinselbstständigkeit gegeben ist. Denn sollte eine Scheinselbstständigkeit festgestellt werden, sind die finanziellen Konsequenzen erheblich und besonders für junge Unternehmen kaum tragbar. Denn der Arbeitgeber muss für die gesamte Auftragsdauer die Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.

      Wie bemerken Sie, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt?

      Sobald eine Person zwar nach außen (beispielsweise mit einem Werkvertrag) als selbstständiger Unternehmer auftritt, jedoch die ihre Aufgaben wie ein abhängig Beschäftigter erfüllt, dann liegt eine Scheinselbstständigkeit vor.

       

      Folgende Anhaltspunkte hierfür sind:

      • Unmittelbare Weisungsbefugnis des Auftraggebers

      • Feste Arbeitszeiten (zum Beispiel Schichtdienst)

      • Reporting-Pflichten gegenüber dem Auftraggeber

      • Feste Bezüge und Urlaubsanspruch

      • Die feste Integration in Prozesse und sonstige Infrastruktur des Auftraggebers

      Häufig ist es jedoch ein komplexer Entscheidungsprozess, welche Art von Beschäftigung wirklich vorliegt. Die Clearing-Stelle der Deutschen Rentenversicherung Bund kann in unsicheren Fällen helfen. Sie prüft die freiberuflichen Existenzformen und kommt bei Verdacht der Scheinselbstständigkeit auf den Selbstständigen zu.

       

      Selbstständige, die in keinem abhängigen Arbeitsverhältnis stehen, sind nicht verpflichtet, Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungen abzuführen. Sollte es jedoch den Verdacht geben, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt, dann wird dies vom deutschen Staat nicht toleriert.

      So geraten Sie erst gar nicht in Verdacht

      Damit Sie nicht in die Falle der Scheinselbstständigkeit geraten, sollten Sie folgende Konstellationen vermeiden:

      • über längere Zeit nur für einen Auftraggeber arbeiten
      • Teilnahme an regelmäßigen internen Briefings und Meetings des Auftraggebers
      • über keinen eigenen Unternehmensauftritt nach außen verfügen (weder Werbung, Website, Geschäftspapier, noch Buchführung)
      • mehr als fünf Sechstel des Gesamtumsatzes von einem Auftraggeber beziehen
      • Weisungsgebundenheit gegenüber dem Auftraggeber

       

      Nach den Richtlinien der Rentenversicherung ist der Selbstständige auf der sicheren Seite, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

      • freie Ortswahl und Zeitplanung
      • freie Honorarverrechnung und eigene Buchführung
      • freie Wahl der Aufträge mit Option der Ablehnung
      • Beschäftigung eigener Angestellter

      Was tun, wenn sich der Verdacht auf Scheinselbstständigkeit erhärtet?

      Auf Verdacht vom Finanzamt, der Rentenversicherung oder jedoch vom Selbstständigen direkt kann eine Überprüfung, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, beantragt werden.

       

      Sollte das Finanzamt oder die Rentenversicherung einen Verdacht auf Scheinselbstständigkeit äußern, kann dies eine Betriebsprüfung für den Selbstständigen bedeuten. Dies kann steuer- und arbeitsrechtliche Folgen haben, sollte eine Scheinselbstständigkeit von der Rentenversicherung Bund festgestellt werden:

      1. Sozialversicherungsbeiträge müssen vom Auftraggeber nachbezahlt werden, sogar für den komplett nachgewiesenen Zeitraum (bis 30 Jahre, abzüglich der letzten drei Monate). Der Auftragnehmer haftet maximal drei Monate rückwirkend für nicht gezahlte Beiträge.
      2. Startup und Selbstständiger müssen die neue steuerrechtliche Situation klären und haften für Nachzahlungen als Gesamtschuldner. Sämtliche Lohnsteuer- und Sozialversicherungs-Beiträge müssen nachgezahlt werden.
      3. Ehemalige Selbstständige können nach der Feststellung einer Scheinselbstständigkeit ihren Arbeitnehmerstatus einklagen. Hat ein Scheinselbstständiger damit vor dem Arbeitsgericht Erfolg, ist der bisher Selbstständige dann ein Angestellter – mit allen Rechten und Pflichten, inklusive der Sozialversicherungspflicht.

      Ab Januar 2017 Änderungen zur Scheinselbstständigkeit und Arbeitnehmerüberlassung möglich

      Der Gesetzesentwurf soll nun als Gesetz verankert werden. Es lohnt sich für Freiberufler, jedoch auch für Start-ups, welche mit Freiberuflern zusammenarbeiten, alle Kriterien zu checken, damit sie gar nicht erst in den Verdacht der Scheinselbstständigkeit kommen.