05. Mai 2022
Prozesse
Was bin ich eigentlich? Diese Frage ist gar nicht so ungewöhnlich für alle, die sich selbstständig machen möchten. Wann zählt man zur Gruppe der Freiberufler? Und wer ist Gewerbetreibender? Wir klären über die Unterschiede auf und informieren Sie über Ihre Rechte und Pflichten.
Selbstständige Personen stehen in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu einem Arbeitgeber. Sie sind, wie der Name schon sagt, in ihrer Arbeit selbstständig, schreiben ihre eigenen Rechnungen und tragen selbst die Verantwortung für ihre finanzielle und soziale Absicherung.
Die Rechtsgrundlage für die Selbstständigkeit bilden § 1 Absatz 1 der Gewerbeordnung (GeWo) und § 84 des Handelsgesetzbuches (HGB).
Auf Selbstständige treffen folgende Kriterien zu:
Untergliedern lässt sich die Selbstständigkeit in zwei Formen: in die freiberufliche und die gewerbliche Tätigkeit.
Gut zu wissen:
Die Selbstständigkeit kann vom sogenannten Betriebsprüfdienst der Deutschen Rentenversicherung unter die Lupe genommen werden. Arbeitgeber werden in der Regel alle vier Jahre geprüft. Bei Selbstständigen ohne eigene Mitarbeiter finden diese Kontrollen nicht regelmäßig statt; bei Verdacht auf Scheinselbstständigkeit sind sie aber jederzeit möglich.
Wer aus einem abhängigen Arbeitsverhältnis herausgeht und sich selbstständig macht, genießt zwar viele Freiheiten, aber muss sich auch über gewisse Veränderungen im Klaren sein:
Scheinselbstständigkeit ist keine Seltenheit – und vor allem keine Bagatelle. Sie liegt immer dann vor, wenn jemand nach außen hin als Selbstständiger auftritt, also auf eigene Rechnung arbeitet und entsprechend auch keine Sozialversicherung zahlt, aber in der Realität dann doch die Kriterien eines abhängig beschäftigten Arbeitnehmers erfüllt. Ein typischer Hinweis für eine Scheinselbstständigkeit ist beispielsweise das Vorhandensein von nur einem Auftraggeber.
Eine Scheinselbstständigkeit könnte außerdem vorliegen, wenn die Person …
Selbstständige und ihre Auftraggeber zahlen keine Sozialversicherungsbeiträge. Wird eine Scheinselbstständigkeit aufgedeckt, kann der Auftraggeber dazu verpflichtet werden, die Beiträge rückwirkend für bis zu vier Jahre nachzuzahlen. Eine solche Rückforderung vom Scheinselbstständigen ist hingegen nur sehr begrenzt möglich; und zwar nur als Abzug vom Arbeitsentgelt für die folgenden drei Gehaltszahlungen. Bei Scheinselbstständigkeit können Betroffene außerdem ihren Arbeitnehmerstatus vor Gericht einklagen. Sind sie damit erfolgreich, können sie rückständiges Arbeitsentgelt, Urlaubstage, Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen.
Was die Steuer betrifft, werden hier sowohl Auftraggeber als auch Scheinselbstständiger in die Pflicht genommen. Zum einen wird das Finanzamt in der Regel, die nicht gezahlte Lohnsteuer vom vermeintlichen Selbstständigen nachfordern – zum anderen haftet auch der Arbeitgeber dafür, dass die Lohnsteuer einbehalten und abgeführt wird. Der Scheinselbstständige und sein Auftraggeber haften also als Gesamtschuldner für die Steuernachzahlung.
Sowohl Gewerbetreibende als auch Freiberufler sind Selbstständige. Gewerbetreibende führen – der Name sagt es schon – ein Gewerbe aus, haben einen Gewerbebetrieb und zahlen Gewerbesteuer. Dadurch unterscheiden sie sich von Freiberuflern, die einen freien Beruf ausüben und keine Gewerbesteuer zahlen müssen.
Zu welcher Gruppe man gehört, ist vielen Unternehmern jedoch nicht klar – und es ist tatsächlich verwirrend. Wir bringen Licht ins Dunkel:
Ein Gewerbe ist eine wirtschaftliche Tätigkeit, die man auf eigene Verantwortung ausführt, mit der Gewinne erzielt werden und für die man eigene Rechnungen schreibt. Auch Freiberufler tun das – der Unterschied ist in den Branchen zu finden. Unter Gewerbe versteht man die produzierenden und verarbeitenden Gewerbe in Industrie und Handwerk. Auch dienstleistende Unternehmen sind in der Regel Gewerbetreibende. All diese Tätigkeiten werden in einem Gewerbebetrieb ausgeübt. Wer gewerblich tätig ist, ist also zugleich Unternehmer.
Wichtig zu wissen: Auch freie Berufe führen häufig Dienstleistungen aus – sie gehören dann aber zu den sogenannten „Dienstleistungen höherer Art“, die meist einen Hochschulabschluss voraussetzen (das betrifft bspw. Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure).
Aus der Gewerbeordnung ergeben sich folgende Voraussetzungen, um zur Gruppe der Gewerbetreibenden zu gehören:
Gut zu wissen: Was ist eine nach außen gerichtete Tätigkeit?
Die wirtschaftliche Tätigkeit muss auf dem Markt in Erscheinung treten – also erkennbar sein. Ein Gewerbe liegt nicht vor, wenn Sie beispielsweise nur Gesellschaftsanteile besitzen.
Wer eine selbstständige Tätigkeit ausüben und damit Geld verdienen möchte – und diese Tätigkeit rein rechtlich einem Gewerbe entspricht – hat keine Wahl: Er muss sie als Gewerbe anmelden. Was das für Sie bedeuten kann, erfahren Sie hier:
Pflichten:
Rechte und Vorteile:
Zu den Freiberuflern darf sich zählen, wer eine „Dienstleistung höherer Art“ anbietet. Welche Tätigkeiten zu den sogenannten freien Berufen zählen, ist in § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) definiert. Demnach gelten Selbstständige als Freiberufler, die eine …
selbstständig ausüben und nicht als Arbeitnehmer auftreten.
Hierbei handelt es sich um die sogenannten Katalogberufe, die meist einen Hochschulabschluss voraussetzen:
Gut zu wissen:
Der Gesetzgeber lässt eine Hintertür offen für weitere Tätigkeiten, die man unter Umständen den freien Berufen zuordnen kann – das sind die katalogähnlichen Berufe. Es reicht aber nicht, dass ihre Leistung vergleichbar mit den Katalogberufen ist. Auch ihre Ausbildung muss das Niveau der Katalogberufe erreichen. Behörden können das bei Zweifeln überprüfen.
Was sollten Sie wissen, bevor Sie sich entscheiden, freiberuflich zu arbeiten? Wir haben Ihre Pflichten und Rechte zusammengefasst:
Pflichten:
Freiberufler müssen …
Rechte und Vorteile:
Freiberufler müssen …
Nicht selten kommt es vor, dass Freiberufler auch Einkünfte erzielen, die aus gewerblicher Tätigkeit stammen. Wichtig ist es, das zu erkennen und die Einkünfte streng voneinander zu trennen. Am besten geschieht das, indem man zwei Betriebe anmeldet sowie für beide Tätigkeiten separat buchführt und eigene Konten anlegt. Im Jahresabschluss muss außerdem für beide Tätigkeiten eine gesonderte Gewinnermittlung erstellt werden.
Wichtig zu wissen: Wenn diese Trennung nicht möglich ist, weil beide Tätigkeiten ineinander übergehen, gehören die Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit zum Gewerbe. Ein Beispiel: Sie schreiben Bücher und verkaufen sie über einen eigenen Online-Verlag. Das Schreiben an sich zählt zur Freiberuflichkeit. Die Vermarktung hingegen ist ein Gewerbe. Demnach sind die gesamten Einkünfte gewerblicher Natur.